"Life is what happens to you
while you're busy making other plans."
(John Lennon)
In meiner Arbeit bin ich mit großartigen Menschen für unterschiedliche Mandate im Austausch. Alle zeigen auf, dass sie ihr berufliches Ziel in der klassischen Definition „Karriere“ (schon) erreicht haben. Anerkennung, Reputation, Privilegien und natürlich auch das Traumgehalt bringen sie in unser Gespräch mit.
Es liegt nicht nur an den „äusseren Umständen“: Das Zusammentreffen mit Menschen, die „den Stuhl wollten“ oder Misstrauen in den inneren Zirkel brachten oder (aus welchen Gründen auch immer) die Aufgaben bzw. den Weg zu den vereinbarten Ergebnissen ignorierten.
Widerstand sind sie gewohnt.
Spannend ist es zu erfahren, wie jeder mit diesem „Schicksal“ umging. Schicksal im Kontext von sich-ärgern-oder-gängeln-lassen. Sich in eine Rolle-zu-pressen, die man nicht mochte. Von der Angst, das Gesicht zu verlieren. Vor Machtverlust. Vor ihrem Chef oder dem Aufsichtsrat oder der Kolleg:in mit einem einflussreichen Netzwerk.
Es liegt in ihrem INNEREN(!), weshalb sie das Gespräch für die jeweilige Job-Offerte mit mir suchen. Ihre Haltung zu ihrem Schicksal.
Sie sehen ihr Schicksal nicht (mehr) als Ärgernis sondern als Impulsgeber. WIE wollen/können wir die Aufgabe oder das Projekt oder unsere Führung gestalten (und wie nicht). Das Schicksal lädt ein, uns auszuprobieren und uns so weiter-zu-entwickeln. Es ist in meiner Welt eine kontinuierliche Aufforderung, einen kreativen Prozess mit sich selbst voran zu treiben. In seinem eigenen Tempo. In seinen eigenen Schritten.
Es ist die Chance zur Selbstwahrnehmung.
Die Wahrnehmung dessen, was das (berufliche) Leben uns bietet. In Ruhe und ohne-zu-wollen, zu betrachten, was ich denke und was ich tue. Ohne dem Reiz nachzugeben, zu handeln (operative Hektik) oder zu verändern.
Was darf in diesem Augenblick getan werden?! Ohne Spekulation und täglich-grüßt-das-Murmeltier-Grübeln. Ohne Wertung. Ohne Zweifel.
Aus sich heraus tun. Hingebungsvoll. Exzellent. Ganz gleich, ob es erfolgreich sein wird. Das Tun ist in diesem Moment wichtiger als Erfolg zu haben.
Das WOFÜR der meisten Kandidaten mag ich mit einer Aussage von Leo N. Tolstoi beschreiben:
"Glück ist nicht, das gerne zu tun, was wir möchten,
sondern das gerne zu tun, was wir tun."
Dazu eine Zen-Geschichte.
Ein hoher Regierungsbeamte ging zu einem japanischen Zen-Meister. Wie es dort üblich war, bat der Beamte den Meister darum, mit dem Tuschpinsel ein paar erbauliche Worte auf Papier zu schreiben. Er fragte ihn: „Was ist die zentrale Aufgabe des Lebens?“ Er erwartete einen für ein Poesiealbum tauglichen Spruch.
Der Meister setzte sich hin und schrieb liebevoll in schönster Kalligraphie ein Wort.
Nur ein Wort – das war höchst ungewöhnlich. Er drehte das Blatt um und schob es dem Regierungsbeamten zu. Der las das Wort „Achtsamkeit“, atmete tief durch und fragte: „Schön, aber haben Sie nicht etwas Weitergehendes? Das ist doch wohl sehr einfach. Sie verstehen.“
Der Meister nickte . Er nahm das Blatt ungerührt zurück, schrieb geduldig etwas darauf und schob es dem Gast erneut zu. Auf dem Papier stand, noch schöner als zuvor geschrieben, das gleiche Wort: Achtsamkeit.
Der Beamte wurde etwas unwillig und mürrisch, denn er fühlte sich auf den Arm genommen. Er hatte um eine tiefsinnige Anweisung gebeten und das Einzige, was er in den Händen hielt, war dieses Wort. Mit einem Schubs gab er das Papier zurück und sagte: „Das kann doch wohl nicht alles sein.“
Ungerührt nahm der Meister das Blatt und schrieb wie zu erwarten war, das dritte Mal das Wort „Achtsamkeit“ darauf. Dann reichte er es dem inzwischen hochrot angelaufenen, wütenden Beamten mit einem freundlichen Lächeln. Als dieser das Blatt sah und dreimal das Wort „Achtsamkeit“ las, machte es bei ihm klick. Nun verstand er endlich, was sich in der Einfachheit des Wortes verbarg. Er verneigte sich tief vor dem Meister, nahm das Papier und ging beschämt von dannen.
Welcome as you are.
photo@anna logue